Hilfsnavigation

Wappen Stadt Kerpen
Herzlich Willkommen im virtuellen Rathaus der Stadt Kerpen!
Schrift:
Kontrast:

Volltextsuche

Inhalt

Kerpener Mühlen an Neffel und Erft

Zum Mühlenrecht

Das Recht, Mühlen zu betreiben, stand im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nur Kaiser bzw. König zu. Da dieser das ihm vorbehaltene Recht nicht ausübte, gab er es weiter an die adligen und geistlichen Territorialfürsten, die wiederum ihre Unterherren mit der Ausübung der Mühlenrechte belehnten.

Die auf heutigem Kerpener Stadtgebiet liegenden Mühlen an Erft und Neffelbach wurden von den jeweiligen Herren an Mühlenbetreiber verpachtet. Der Landesherr ernannte die zu den einzelnen Lehnsherrschaften gehörenden Mühlen zu sogenannten "Zwangmühlen". Dabei waren die jeweiligen Untertanen verpflichtet, alles Mahlgut in eben dieser Zwangmühle verarbeiten zu lassen. Die Ausfuhr von Getreide zu anderen Mühlen außerhalb der Herrschaft, die möglicherweise ihre Dienste preiswerter anboten, war genauso illegal wie das Einführen von Mahlgut. Der Horremer Mühlenpächter durfte z.B. nur Getreide aus der Herrschaft Hemmersbach verarbeiten. Dieses Instrument der Zwangmühle gewährleistete sowohl dem Eigentümer als auch dem Pächter gesicherte Einnahmen und gestaltete den Betrieb von Konkurrenzmühlen beispielsweise von Klöstern als unrentabel. Für die zu dieser Zeit ziemlich immobile Bevölkerung waren die Bestimmungen oft unsinnig, da sie so unter Umständen gezwungen waren, ihr Getreide zu weit entlegenen Mühlen zu bringen, während sie eine andere benachbarte Mühle nicht benutzen durften.

Auch wenn zahlreiche Bedingungen der Pachtverträge die Müller geradezu knebelten, hatten sie innerhalb der Herrschaften eine unangefochtene Stellung inne. Schließlich stellten sie durch die Weiterverarbeitung des Getreides nicht nur die Ernährung der Bevölkerung, sondern auch des Viehs sicher. Ihr gesellschaftliches Ansehen war demzufolge hoch. Viele der Pächterfamilien saßen über Generationen auf den jeweiligen Mühlen. Die Familie, die noch heute das landwirtschaftliche Anwesen der Horremer Mühle betreibt und es mittlerweile auch erworben hat, ist dort seit mehr als 300 Jahren ansässig.

Mit Fortschreiten der Industrialisierung erwuchs den Wasser- und Windmühlen vor Ort die immer mächtiger werdende Konkurrenz von großen Industriemühlen, die unabhängig von Wind- und Wasserkraft jederzeit arbeiteten, größere Mengen bewältigten und daher preiswerter arbeiten konnten. Auch technische Modernisierungen wie der Einbau von Turbinen, die die Effektivität der Mühlen vergrößerten und zudem die Möglichkeit der Stromerzeugung schufen, konnten diese Entwicklung nicht mehr aufhalten. Die Mühlenpächter waren gezwungen, ihre oftmals schon bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe auszubauen. Die traditionelle Müllerei wurde dabei oft zum Nebenerwerb. Auslöser für die Aufgabe der wenigen noch bestehenden Mühlen in der hiesigen Region waren gesetzliche Regelungen von 1957 und 1971, die Stillegungsprämien versprachen. Damit endete die seit Jahrhunderten bewährte Versorgung der Bevölkerung mit dem auf eigenem Land geernteten Getreide.

Der Kerpener Bachschultheiß

Obermühle WasserradEin sehr spezielles Amt hatte der sogenannte Bachschultheiß des Neffelbachs inne. Der Neffelbach durchfloss mit einer Gesamtlänge von 40 km von Gödersheim bis Kerpen drei unterschiedliche Territorien: kurkölnisches, jülichsches und brabantisches Gebiet.

Um die heftigen Auseinandersetzungen der bis zu 25 Müller - statistisch gab es alle 1,6 km eine Mühle, tatsächlich lagen viele noch näher beieinander – überhaupt regeln zu können, ohne dass die Versorgung der Bevölkerung mit Mehl ernsthaft in Gefahr geriet, wurde schließlich ein Bachschultheiß eingesetzt. Er betrieb die letzte Mühle des Neffelbachs, die Kerpener Obermühle, und durfte diejenigen, die den einwandfreien Betrieb der Mühlen störten, unabhängig von der jeweiligen Landesherrschaft notfalls sogar mit Hilfe von Soldaten aus der Kerpener Garnison bestrafen.

Mühlenverband Rhein-Erft-Rur e.V.

Der im Frühjahr 2000 gegründete Erftkreis-Mühlenkreis e. V. heißt seit der Jahreshauptversammlung am 24.04.2004 nun Mühlenverband Rhein-Erft-Rur e. V.. Damit dehnt der Verein seinen ursprünglichen kreisweiten Sprengel in Richtung Eifel weiter aus. Das ändert nichts an seinen satzungsgemäßen Zielen: der Erhaltung, Erforschung und Förderung der zahlreichen historischen Mühlenstandorte der Region, die nicht nur kulturhistorischen Wert, sondern auch landschaftliche Bedeutung haben.